Apfelernte in Volkenroda
23.10.2015 - 25.10.2015
Es lag immer noch ein dicker Nebel über den thüringischen Hügeln um Mühlhausen am Samstagmorgen. Wir hatten im Jugendzentrum Boje übernachtet und ein Frühstück mit Griesbrei und natürlich vielen Äpfeln genossen. Ein paar von uns blieben in der Küche, um für die Mittagsverpflegung zu kochen. Die anderen machten sich auf zur Wiese bei Volkenroda.
Das Gras war sehr nass, die Luft kühl und die Sonne hatte es schwer, durch die dicken Nebelwolken zu dringen. Als die ersten Äpfel vom Baum fielen und auf den schneeweißen Planen landeten, legten die Sammler schnell los, um sich aufzuwärmen. Endlich, nach der Mittagspause, gegen 15 Uhr, schaffte es dann doch die Sonne durch den Herbstnebel. Da konnten wir es langsamer angehen lassen und es fand sich Zeit für Simons Apfelgeschichten, von denen ich heute eine Kostprobe geben möchte. Wie wäre es mit der Geschichte von Korbinian Aigner, dem Apfelpfarrer?
Korbinian war der älteste Sohn eines bayrischen Bauern. Er wurde 1885 geboren. Da er sehr wissbegierig war, wollte er lieber in der Stadt studieren, als den elterlichen Hof zu übernehmen. Er wurde Pfarrer, pflegte aber dennoch seine landwirtschaftlichen Wurzeln und engagierte sich sehr für den Obstbau. Während des Studiums gründete er mit einem Freund einen Obstbauverein in seiner Heimatgemeinde. Später hielt er viele Vorträge, beriet interessierte Menschen und veröffentlichte Artikel in Zeitschriften.
Korbinian Aigner war aber auch ein politisch interessierter Mensch. Als Pfarrer bezog er in seinen Predigten und im Religionsunterricht Stellung gegen den Nationalsozialismus. 1934 wurde er deshalb verhaftet und zuerst im Gefängnis, später in den den Konzentrationslagern Dachau und Sachsenhausen interniert. In Dachau musste er Zwangsarbeit leisten. Es wurde ihm aber gestattet, zwischen den Baracken Apfelbäume zu pflanzen und es gelang ihm sogar die Züchtung neuer Sorten: KZ-1, KZ-2, KZ-3, KZ-4. Das sind sehr makabre Namen für Apfelsorten, mit einem bitteren Klang. Die Sorte KZ-3 wurde nach dem Krieg weiter gezüchtet und erhielt den Namen Korbiniansapfel.
Der Apfelpfarrer überlebte die Konzentrationslager und fand in seinem Leben nach dem Nationalsozialismus einen neuen Weg, seine Apfelleidenschaft zu nutzen: Er malte Bilder von Äpfeln und Birnen aus aller Welt. Seine über 800 Bildtafeln zeigen in Originalgröße kleine, große, gestreifte, gefleckte, gepunktete, runde, spitze, plattgedrückte, grüne, gelbe, rote, glänzende, blasse, schiefe, glatte oder schrumpelige Äpfel. Wegen ihrer Exaktheit und Systematik dienen Aigners Abbildungen noch heute als Grundlage für pomologische Lexika. Sie sind ein Augenschmaus! Zudem beeindruckt mich die Apfelleidenschaft des Pfarrers sehr. Es ist schön, wenn sich ein Mensch so intensiv und nachhaltig mit der Natur beschäftigt.
Christiane (Friedenau)
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